

// Das Archiv im digitalen Zeitalter
Kunst definiert sich nicht nur über die Gegenwart und einige historische Referenzen, sondern Objekte aus verschiedenen Epochen und Stilen sind gleichzeitig Gegenstand der lebendigen Kunstrezeption. Als Folge dessen repräsentieren Archive nicht mehr nur gelagerte Potenziale, sie sind quasi selbst zu einem unmittelbaren Instrument der Rezeption avanciert. Die neuen Funktionen der Archive gehen weit über den ursprünglichen Zweck der Sammlung und Konservierung von Informationen hinaus; auch der Zugang zu den Archiven ist nicht mehr auf Bildungseliten beschränkt. Dieser Paradigmenwechsel begann mit der Archivnutzung im Bildungsbereich sowie mit der Vernetzung von Archiven miteinander und setzt sich nun mit der digitalen Publikation von Archiven fort.
Auch hierbei werden verschiedene Stufen erkennbar. Waren anfangs nur kleine Metadatensets wie Titel und Verfasser Gegenstand der Kommunikation zwischen den Archiven, so wurden später die Objekte selbst kommuniziert: Aus der Kommunikation über ein Objekt wurde die Distribution des Objekts selbst. Aus der Duplizität, bei der die Kopie fast den Rang eines Originals erreicht, wie z.B. bei Handschriften und musikalischen Aufführungen, wurde der Unterschied mithilfe neu entwickelter Informationsträger im Zeitalter digitaler Technologien völlig aufgelöst. Digitale Kunst kennt demnach nur noch Originale.
Diese Entwicklungen bilden die Grundlage für die neue Rolle der Archive, die nun dazu drängen, ihre Inhalte in Netzwerken weiträumiger zu distribuieren, räumliche Begrenzungen aufzulösen und Informationen über ein Objekt und das Objekt selbst nach außen zu transferieren in der Hoffnung, dass die Schätze der Archive unmittelbar in Forschung und Kreativität einfließen.
Hierbei stehen sich allerdings zwei Aspekte konträr gegenüber: zum einen das bestehende Copyright, dem mit der Auflösung des Originals neue, teils atemberaubende Definitionsnotwendigkeiten folgen, und zum anderen das den Bedürfnissen der Kommunikation folgende Anrecht der Öffentlichkeit auf Nutzung und Publikation.
Insbesondere das Wegbrechen angestammter Orte dieser Kunst, wie z.B. der Rückzug des Rundfunks aus Kunst und Experiment, das Sterben der Programmkinos, der Rückzug der öffentlichen Hand als Förderer von Konzerten und Festivals, lässt die Archive als letzten Rückzugsort vieler Werke zurück.
Mit dem Projekt »mediaartbase.de« soll ein dynamisches Netzwerk von Archiven entstehen, deren Inhalte global zugänglich sein werden.